Die jüngste Ankündigung, dass Apple in das Werberennen einsteigt und seine eigene nachfrageseitige Plattform (DSP) aufbaut, kam für viele recht überraschend. In der Tat ist Apple öffentlich dafür bekannt, dass es der Online-Werbung eher skeptisch und kritisch gegen-übersteht, insbesondere wenn es um den Schutz der Privatsphäre der NutzerInnen geht. Warum also der Sinneswandel?
Seit Anfang des Jahres sind die Stellenanzeigen und die Zahl der Einstellungen im Bereich der Werbe-plattformen sprunghaft angestiegen.
In dem Bericht vom Mai gab das Unternehmen an, dass die Apple Services Gruppe nun einen Executive Director, Todd Teresi, hat, der für werbebezogene Initiativen zuständig ist.
Digiday hat vor allem Stellen-ausschreibungen hervorgehoben, in denen es heisst, Apple baue "die fortschrittlichste und anspruchs-vollste Datenschutzplattform, die es gibt". Das klingt wie ihre eigene DSP.
Um zu erklären, was DSP ist, müssen wir einen Schritt zurückgehen und zum Konzept der programmatischen Werbung zurückkehren.
Die programmatische Werbung bietet einen automatisierten Prozess für den Kauf und Verkauf von Online-Werbung. Dies macht Transaktionen effizienter, indem es den Prozess optimiert und digitale Werbe-massnahmen auf einer Technologie-plattform konsolidiert. Im Gegensatz zur traditionellen Werbung, die Ausschreibungen, Kostenvoran-schläge, Angebote und Ver-handlungen umfasst, verwendet der programmatische Einkauf algo-rithmische Software, um Online-Werbeflächen zu kaufen und zu verkaufen.
Das programmatische Ökosystem umfasst die verschiedenen Techno-logieplattformen, die verfügbaren Arten von Werbedeals und die Methoden des programmatischen Medieneinkaufs und erstreckt sich über verschiedene Werbeformate.
Alle Komponenten kommunizieren und interagieren miteinander und bilden ein Ökosystem, das den Prozess der automatisierten Medien-transaktionen vereinfacht.
In der Regel gehört jede pro-grammatische Plattform entweder einem Verlag, einem Werbe-treibenden oder einem Vermittler und wird von diesen betrieben.
DSPs ermöglichen es Werbe-treibenden, eine Automatisierung einzurichten, die Kampagnen auf der Grundlage von Leistungsmetriken und maschinellem Lernen skaliert. Solange die Plattform gut konzipiert ist, sind die Werbetreibenden zufrieden und geben mehr aus.
DSPs erfüllen auch andere Funktionen, z. B. helfen sie Werbe-treibenden dabei, die demo-grafischen Daten ihrer Zielgruppe genau zu bestimmen, mehrere Werbekampagnenoptionen mit dynamischen A/B-Tests zu testen und schliesslich die Ausgaben für die effektivsten Kampagnen zu optimieren und zu erhöhen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Apple in das Werbespiel einsteigt. Im Jahr 2010 erwarb das Unternehmen das Unternehmen für mobile Werbung "Quattro Wireless". Vielleicht erinnern Sie sich auch an iAd - Apples gescheiterten Versuch, program-matische Werbung anzubieten. iAd sollte Inventar anbieten, das programmatisch über offene Börsen verfügbar ist. Apple kündigte 2014 sogar an, eine Partnerschaft mit Rubicon, MediaMath, Accordant Media, The Trade Desk, Adelphic, AdRoll und anderen einzugehen. Damals sah es nach einem viel-versprechenden und aussichts-reichen Beginn des nächsten Werbegiganten aus! Plötzlich rollte Apple das iAd-Projekt 2016 aufgrund von Datenbeschränkungen und mangelnder Nachfrage aus.
iAd-Fall und die jüngsten Nachrichten über Apples DSP lassen die Frage aufkommen: Wird Apples Versuch, in den programmatischen Markt einzu-steigen, nach einem so dramatischen Scheitern dieses Mal erfolgreich sein? Mit Blick auf die Zukunft: Ja, und es gibt viele Gründe, warum es so sein wird. Schätzungen gehen davon aus, dass Apple in diesem Jahr etwa 4 Milliarden Dollar mit Werbung einnehmen wird.
Apple hat als Eigentümer des beliebten Betriebssystems iOS einen grossen Vorteil gegenüber der Konkurrenz. In all den Jahren hat Apple ein komplexes System aus vernetzten Produkten und Diensten aufgebaut. Diese Produkte und Dienste sind miteinander verbunden, was zu einem reibungslosen Kundenerlebnis führt. Aus diesem Grund sieht Apples zukünftiger DSP wie ein gut durchdachter, rationaler nächster Schritt in dieser Entwicklung aus. Das Unternehmen hat sein Werbegeschäft hinter den Kulissen aufgebaut und erweitert, und jetzt haben sie es endlich enthüllt.
Dennoch macht Apple in seinen Stellenausschreibungen sehr gross-zügige Versprechungen bezüglich seiner zukünftigen DSP-Plattform:
"Unsere Plattform betreibt und liefert Werbeauktionen, um Angebot (Kunden) und Nachfrage (Werbetreibende) aufeinander abzustimmen, und konzentriert sich dabei auf technische Komponenten wie Kampagnen-management, Bieten, Inkrementalität, dynamische Kreativoptimierung, Matching, Auktionen und Experimente, während sie gleichzeitig die Privatsphäre der KundInnen schützt."
Ein weiterer interessanter Aspekt bei all dem sind die Nutzerdaten. Apple verspricht Vertraulichkeit bei seinen Massnahmen und hat bereits mehr-fach erklärt, dass der Daten-schutz Priorität hat.
Mit der Einführung von Intelligent Tracking Prevention wurde die Verwendung von Cookies von Dritt-anbietern im Safari-Webbrowser effektiv deaktiviert. Später wurde der Identifikator für mobile Werbung (MAIDs oder IDFA) abgeschafft. Mit der Einführung der App-Tracking-Transparenz konnte der Nutzer oder die Nutzerin jede Werbeerfahrung kontrollieren, indem er or sie sich für oder gegen jede Spur entschied. Die Einführung der App-Tracking-Transparenz war ein klarer Gewinn für die KonsumentInnen, aber Werbenetzwerke wie Facebook und Snap haben sich schwer getan, ihre Werbeplattformen effizient zu halten. Dies hat die Branche schätzungs-weise Dutzende von Milliarden Dollar gekostet.
Hinzu kommt, dass Apples Definition von "Tracking" als Übermittlung von Daten an Dritte bedeutet, und die eigenen personalisierten Anzeigen nicht der App-Tracking-Transparenz unter-liegen, da dies als Übermittlung von Daten durch die erste Partei betrachtet wird.
Die Nutzer werden also weiterhin Werbung erhalten, aber die Werbetreibenden müssen dafür den "iPrice" bezahlen.
Auf diese Weise hat Apple zunächst Google und Facebook, die rund XNUMX% der weltweiten Werbung ausmachen, abgeschnitten, indem es deren Tracking- und Zuordnungssysteme unter dem Vorwand des Datenschutzes einschränkte.
Es ist interessant zu sehen, ob Apple von seinen NutzerInnen für die Monetarisierung ihrer persönlichen Daten zu einem Höchstpreis verklagt wird. Oder ob die US Federal Trade Commission eine kartellrechtliche Untersuchung wegen monopolisierter Werbedienste einleiten wird.
Wenn man bedenkt, wie sehr Apple-BenutzerInnen der Marke treu sind, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass Apple damit durchkommt.
Die Datenschutzbestimmungen sind ein wirksames Mittel, um die Konkurrenz auszuschalten und gleichzeitig die Daten der Apple-Nutzenden selbst zu monetarisieren.